Immobilienfonds "Obelisco": ein Kartenhaus, keine Steinsäule

Das Vermögen ist gleich Null, die AnlegerInnen schauen durch die Finger: wie war dies möglich?

VZS: was gedenkt die Post zu tun?

Die Geschichte der “Geldvernichtungsmaschinerie” ist erneut um ein Kapitel reicher – zum wiederholten Mal sind die von den SparerInnen anvertrauten Gelder in Rauch aufgegangen. Das Ganze beginnt im Herbst 2005, als die Post an ihren rund 14.000 Schaltern die Quoten zu je 2.500 Euro des Fonds „Obelisco“ der Investire SGR platziert, und in Summe 172 Millionen Euro von den SparerInnen erhält. Die Post erhielt dabei Kommissionen in Höhe von 10 Millionen Euro. Ende Juni 2019 hat nun die Verwaltungsgesellschaft des Fonds den Liquidierungsplan desselben genehmigt, in welchem man unter anderem die lakonische Aussage „... in Anbetracht des sich auf Null belaufenden Nettovermögens des Fonds bleibt keinerlei Ausschüttung weder von Gewinnen noch von Kapital übrig“ findet. Die AnlegerInnen erhalten also keinen müden Euro, und der Verlust beläuft sich auf 100% (Kapital und versprochene aber nicht erhaltene Gewinne); berücksichtigt man die ausbezahlten bescheidenen Gewinne sowie vorzeitigen Kapital-Rückzahlungen während der Laufzeit (in etwa 300 Euro je Quote), sprechen wir von einem Reinverlust von knapp 90%. Abertausende SparerInnen dürfen sich zurecht als „geschröpft“ betrachten.

Auch Südtiroler AnlegerInnen hatten sich bereits in den letzten Jahren besorgt an die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) gewandt, da die laufenden Quotierungen des Fonds wenig Gutes erahnen ließen. Die Laufzeit des Fonds war mit Ende 2015 angegeben, doch die Verwaltungsgesellschaft hatte sich 3 weitere Jahre eingeräumt (sog. Gnadenfrist, vom Fondsreglement vorgesehen), um die Schieflage des Finanzinstruments in den Griff zu bekommen. Ende 2018 ging der Fonds in Liquidierung, und im Juni kam dann die endgültige, bittere Überraschung: von den 2.500 Euro, welche die SparerInnen für eine Quote bezahlt hatten, werden sie keinen einzigen Euro wiedersehen.

Die einzige Hoffnung ist nunmehr ein Eingriff der Italienischen Post, analog zu den Maßnahmen bei der Liquidierung zweier verlustbehafteter Immobilienfonds in der Vergangenheit (IRS und Europa Immobiliare 1); man hofft darauf, dass diese den Unterzeichnern, welche an den Postschaltern die Quoten zeichneten, aus ihrer misslichen Lage hilft. 2005 hatten die MitarbeiterInnen der Post beim Verkauf des Finanzinstruments jährliche Renditen von 5,5% in Aussicht gestellt (diese Angabe findet sich auch im Prospekt des Fonds).

Wie aber ist es möglich, dass ein Immobilienfonds ein so katastrophales Resultat erzielt? Es fällt schwer, hier nicht das x-te Täuschungsmanöver zu Lasten der SparerInnen zu vermuten. Von Anfang an enthielt das Obelisco-Paket überbewertete und hyper-überbewertete Immobilien und Assets der niedrigsten Stufe. Als Musterbeispiel sei der Fall zitiert, über den die Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ im Herbst 2018 berichtete: eine Immobilie in Rom (via Mazzola 66) war für 45,3 Millionen Euro erworben worden, und wurde 2017 für gerade mal 7,3 Millionen Euro wieder verkauft. Bei Verkauf waren gerade mal 34% der Flächen vermietet, schreibt das Wirtschaftsblatt.

Auch “La Repubblica” berichtet am 25. Juli 2019 über die Immobilienfonds, die in Italien in den Jahren 2002 bis 2005 platziert wurden (unter ihnen auch Obelisco). Mit diesen Fonds, so Repubblica, hatte das italienische Bankensystem versucht, die Bauindustrie anzuregen. Die Fonds (mindestens 24 Fonds für eine Gesamtsumme von 5 Milliarden Euro) waren dabei jedoch vor allem ein Weg, um den Baulöwen zu Liquidität zu verhelfen, da diese zugleich die größten Schuldner der Banken selbst waren. Praktisch eine große Risiko-Umschichtung von einem Bankkunden auf andere. Und Obelisco und die anderen Fonds erhielten Immobilien mit diskutablem Wert. Es stellt sich die Frage, ob diese Angelegenheit nicht die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft verdienen würde, um zu klären, wie die Geschichte genau ablief, wer dieses „geldvernichtende“ Anlageprodukt erdachte und schuf – und wer es verabsäumte, ordnungsgemäß darüber zu wachen und einzugreifen.

“Die VerbraucherInnen sind es einfach leid, dass immer sie es sind, die - direkt oder indirekt – für die Fehler Jener aufkommen müssen, welche die im Rahmen eines Vertrauensverhältnis übergebenen Gelder verwalten sollten. Oblisco ist nur das jüngste einer ganzen Reihe von skandalösen Ereignissen im Bereich der Geldanlage, bei der tausende KleinsparerInnen auf der Strecke blieben. Es hilft nichts, dauernd von Transparenz und Schutzregelungen zu sprechen, wenn dann die mit der Aufsicht Betrauten nicht überwachen und die entsprechenden Stellen keine Strafen verhängen. Die VerbraucherInnen sind es leid, das letzte Rad am Karren zu sein, und ihr mühsam erspartes Geld in solchen Abzocken auf Nimmerwiedersehen verschwinden zu sehen“ fasst VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus zusammen.

Was können die ZeichnerInnen von Obelisco-Quoten unternehmen?

In Erwartung der Maßnahmen des gütlichen Schadenersatzes, welche die Post als Platzierer der Quoten vorschlagen sollte, rät die VZS zur formellen schriftlichen Beschwerde (so nicht schon erfolgt). Darin fordert man den Ersatz der erlittenen Schäden, da sich diese nunmehr eindeutig quantifizieren lassen. Eine solche Beschwerde ist unabdingliche Voraussetzung für einen eventuellen Rekurs vor dem Anlegerschiedsgericht (Arbitro per le controversie finanziarie – ACF), welches sich in der Vergangenheit bereits einige Male zugunsten der SparerInnen, die in Immobilienfonds investiert hatten, aussprach (vgl. Entscheidung Nr. 1517 vom 05.04.2019, Entscheidung Nr. 654 vom 18.07.2018).

Beim Gericht von Rom sind derzeit einige Zivilverfahren in der Sache anhängig; ZeichnerInnen des Fonds haben gegen Poste Italiane geklagt, da sie der Meinung sind, dass bei der Platzierung die Normen des Finanzeinheitstexts und der Consob verletzt wurden, sowohl in Bezug auf das Risiko als auch in Bezug auf das Ausmaß der Geldanlage im Verhältnis zum Ersparten. Das Einreichen einer Klage ist auf alle Fälle gut abzuwägen, vor allem in Hinblick auf Kosten im Verhältnis zum investierten Betrag, aber auch hinsichtlich der durchschnittlichen Dauer eines Gerichtsverfahrens.

Der Beratungsdienst für Geldanlagen der VZS steht für weitere Fragen zur Verfügung (Termin-Vormerkung unter Tel. 0471-975597).

like-512_0.png

like-512_0.png