Verbrauchertelegramm April/Mai/Juni 2011


Mitteilungsblatt der Verbraucherzentrale Südtirol Beilage zur Ausgabe Nr. 23/30


Die Papierversion des Verbrauchertelegramms wird allen Mitgliedern monatlich kostenlos per Post zugeschickt und steht im PDF-Format zum Download zur Verfügung. Die nachfolgenden Kurznachrichten sind ein Auszug aus der vollständigen Version.


15. März: Weltverbrauchertag

Erstmalig gefeiert wurde der Weltverbrauchertag am 15. März 1983. Ursprung ist die Erklärung des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy, der am 15. März 1962 in einer Rede vor dem amerikanischen Kongress erstmalig vier grundlegende Rechte der Verbraucher formulierte. Als sogenannte „Grundrechte“ der Verbraucher bezeichnete er das Recht auf Sicherheit und sichere Produkte, das Recht auf umfassende Information, das Recht auf freie Wahl und das Recht, gehört zu werden.
Diese Grundrechte wurden von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Verabschiedung der Guidelines for Consumer Protection 1985 (1999 noch einmal aktualisiert) erweitert um das Recht auf Befriedigung der Grundbedürfnisse, das Recht auf Entschädigung, das Recht auf Verbraucherbildung, das Recht auf eine intakte Umwelt und das Recht auf politische Interessenvertretung.
Seitdem nutzen die Verbraucherverbände weltweit diesen Tag, kritisch Bilanz zu ziehen und ihre Interessen öffentlich zu machen. Der internationale Dachverband der Verbraucherorganisationen, Consumers International, hat in diesem Jahr den Weltverbrauchertag unter das Thema Consumers for fair financial services - also "Verbraucher für faire Finanzdienstleistungen" - gestellt.


Immobilienkauf: Energiezertifikat wieder Pflicht

Zur Tür hinaus, zum Fenster wieder herein – so könnte man die Situation in Sachen Energiezertifikats-Pflicht bei Immobiliengeschäften zusammenfassen. 2008 hatte der italienische Gesetzgeber die Pflicht, das Energiezertifikat bei allen Immobiliengeschäften beizulegen, abgeschafft, zusammen mit den dazugehörigen Strafen. Nicht einmal 3 Jahre später kommt nun der Schritt in die andere Richtung; Ende März ist nämlich das Gesetzesdekret über die erneuerbaren Energien (Umsetzung der Europäischen Richtlinie 2009/28/EG über die Förderung der Verwendung von erneuerbaren Energiequellen) in Kraft getreten, welches unter anderem die Wiedereinführung dieser Pflicht vorsieht. Die Pflicht wurde auch auf die Mietverträge von einzelnen Wohneinheiten ausgedehnt. Die Details sind auf www.verbraucherzentrale.it nachzulesen.
Eine weitere interessante Neuerung aus dem Dekret über die erneuerbaren Energien: ab 1. Jänner 2012 muss in allen Werbeanzeigen für die entgeltliche Übertragung von Gebäuden oder Wohneinheiten der Index der Energieleistung laut Energiezertifikat angegeben werden.


Bodenkreditdahrlehen: Vorteile für VerbraucherInnen

Darlehensnehmer, die ein Bodenkredit-Darlehen aufnehmen, haben unter anderem folgende Vorteile:

  • der Darlehensnehmer kann die Reduzierung der eingetragenen Hypothek verlangen, wenn die Restschuld kleiner wird;
  • die Notarskosten für den Darlehensvertrag um die Hälfte reduziert werden – dies betrifft jedoch nicht das Honorar des Notars. Zum Beispiel betragen bei einem Darlehenswert (eingetragene Hypothek) von 280.000 Euro die Kosten für ein Hypothekar-Darlehen 1.496 Euro, jene für ein ähnliches Bodenkredit-Darlehen hingegen 1.074 Euro (Quelle: www.notai.bz.it).
  • die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit (Art. 40, Absatz 1 des Bankeneinheitsgesetzes), das Darlehen jederzeit teilweise oder vollkommen zu tilgen;
  • mehr Spielraum im Falle von verspäteten Ratenzahlungen (Art. 20, Absatz 2. des Bankeneinheitsgesetzes);
  • und schlussendlich (siehe unsere Presse-Mitteilungen vom 19.01.2011 und 21.03.2011) ist kein Notariatsakt notwendig, um die Hypothek eines Bodenkredit-Darlehens zu löschen, während man für die Löschung der Hypothek eines Hypothekar-Darlehens bezahlen muss.


Züge der DB und ÖBB

Angesichts der unglaublichen Vorfälle hinsichtlich des Halteverbotes (das mittlerweile bis auf unbestimmte Zeit aufgehoben wurde) für internationale Züge der Deutschen Bahn (DB), Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) und Le Nord, hat sich auch die Verbraucherzentrale vor einigen Wochen direkt in Brüssel zu Wort gemeldet, zum Schutze der Bahnbenutzer und im Interesse des Prinzips der Liberalisierung im Bahnsektor. In diesen Tagen hat die Europäische Kommission schriftlich auf die Eingabe der Verbraucherzentrale geantwortet.
In der Antwort heißt es, dass “die Kommission Klärungen von Seiten der italienischen Behörden gefordert hat und derzeit die Vereinbarkeit dieser Entscheidungen (jene der italienischen Eisenbahn-Regulierungsstelle URSF bezüglich des Verbotes für die oben genannten Eisenbahngesellschaften, Fahrgäste in den Zwischenbahnhöfen in Italien ein- und aussteigen zu lassen, AdR) mit dem europäischem Gemeinschaftsrecht überprüft, insbesondere mit der Richtlinie 2007/58/EG zur Öffnung des grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs”.


Telefonisches Marketing: neuer Dienst der VZS

Mit der Eintragung ins Register der Einsprüche darf eine im Telefonbuch gelistete Telefonnummer nicht mehr für telefonisches Marketing angerufen werden.
Hier nochmal die einzelnen Möglichkeiten, sich ins Verzeichnis einzutragen (die Eintragung ist in jedem Fall kostenlos):

  • elektronisches Formular auf der Website www.registrodelleopposizioni.it;
  • e-mail an die Adresse abbonati.rpo@fub.it, die Angaben auf der Website befolgen;
  • Telefonanruf an die grüne Nummer 800.265.265;
  • Einschreiben an die Adresse: “GESTORE DEL REGISTRO PUBBLICO DELLE OPPOSIZIONI–ABBONATI” UFFICIO ROMA NOMENTANO CASELLA POSTALE 7211 00162 ROMA RM”, Kopie eines Ausweises beilegen;
  • Fax an die Nummer 06.54224822, Kopie eines Ausweises beilegen.

Wer Schwierigkeiten bei der Eintragung hat, kann sich zwecks Hilfestellung jeden Mittwoch Vormittag von 9 bis 12 Uhr an die Verbraucherzentrale Südtirol in der Bozner Zwölfmalgreinerstraße 2 wenden.


Ein Vertrag zum Verlieben?

Haben auch Sie sich überlegt, sich an eine Partnervermittlungsagentur wenden, um ihre verwandte Seele zu finden? Das EVZ Bozen rät, vor der Vertragsunterzeichnung gut zu überlegen, denn Amor ist nicht immer konsumentenfreundlich.
Bereits seit Jahren gibt das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Bozen Informationen zu Verträgen, die mit Partnervermittlungsagenturen abgeschlossen werden. In den letzten Tagen häuft sich - vielleicht auf Grund des Frühlingsbeginns - die Zahl der Konsumenten, die beim Bozner EVZ nachfragen, ob es möglich ist, von solchen Verträgen zurückzutreten.
Ein kostenloses Rücktrittsrecht innerhalb von 10 Arbeitstagen ab Unterschrift gibt es nur dann, wenn der Vertrag in einer Bar, auf einem Parkplatz oder generell außerhalb eines Geschäftslokals unterzeichnet wurde. Wurde der Vertrag hingegen im Geschäftslokal der Agentur unterzeichnet, kann man zwar auch jederzeit vom Vertrag zurückzutreten, aber nicht kostenlos: es sind dafür (gesalzene) Stornogebühren zu bezahlen, abhängig davon, wieviel Arbeit die Agentur bereits geleistet hat.
Weitere detaillierte Informationen und nützliche Tipps zu diesen Verträgen sind auf der Internetseite des EVZ Bozen www.euroconsumatori.org nachlesbar.


Strommarkt: Verbraucherfreundlichkeit erkennt man nicht nur am Preis

Wie im aktuellen Stromtarif-Vergleich der VZS nachzulesen, sind die Angebote der Seltrade für einige der Verbrauchssituationen eindeutig die besten. Nun ist der Preis sicher ein wesentliches Kriterium bei der Entscheidung für oder gegen einen Anbieter, aber Verbraucherfreundlichkeit muss mehr umfassen. Seit mehreren Jahren verlangen Südtirols Verbraucherschützer von den lokalen Stromanbietern, zur Beilegung von Streitfällen eine paritätische Schlichtungsprozedur zu aktivieren. Solche Schlichtungsverfahren wurden mit den nationalen Anbietern schon vor mehreren Jahren eingerichtet, und sind für die Kunden eine willkommene Möglichkeit, eventuelle Streitfragen schnell und kostengünstig beizulegen. Die örtlichen Stromanbieter haben die entsprechenden Anfragen der VZS jedoch immer abschlägig beantwortet.
Als Verbraucherschützer finden wir es unangebracht, einerseits unseren Namen und unsere Arbeit in der Werbung zu zitieren (siehe aktuelle Werbekampagne der Seltrade), und andererseits die geforderten Schlichtungsprozeduren nicht einzurichten. In einem offenen Brief an die Führungsriegen von Seltrade und Etschwerke hat die VZS die Forderung nun wiederholt; eine Antwort steht derzeit noch aus.
In den zukünftigen Preisvergleichen werden wir jedenfalls auch als Qualitätsfaktor hervorheben, ob die jeweiligen Firmen ein Schlichtungsverfahren anbieten: denn Verbraucherfreundlichkeit beschränkt sich nicht auf gute Preise.


Benzin: Toleranzgrenzen der Messgeräte angehoben

Das Ministerium für Wirtschaftliche Entwicklung hat die Toleranzgrenzen der Messgeräte bei überraschenden Kontrollen betreffend Flüssigkeiten außer Wasser (zu welchen das Benzin zählt) angehoben. Die Toleranzgrenzen für die erstmalige Kontrolle an Zapfsäulen und für die periodischen Kontrollen wurden nicht verändert, aber jene bei den Kontrollen ohne Voranmeldung wurde von 5 auf 7,5 Promille angehoben (Art. 5, Dekret MISE Nr. 32 vom 18.01.2011). Anders ausgedrückt: mit der alten Toleranz durften auf 20 Liter Benzin höchstens 0,1 Liter mehr oder weniger anfallen (in Euro sind das bei einem Benzinpreis von 1,55 €/l also 15,5 Cent); mit der neuen Toleranzgrenze erhöht sich diese Schwelle auf 0,15 Liter (oder 23,25 Cent). Bei 6-7 Mio. Liter pro Jahr (große Tankstelle) kommen hier stolze Summen zustande. Auch sieht das Dekret vor, dass die Kontrollen in Zukunft auch privaten Firmen durchgeführt werden können. Was das Dekret hingegen nicht vorsieht, sind Regeln für die Toleranzwerte: diese Gesetzeslücke könnte die VerbraucherInnen der Ausnutzung der Grenzwerte zu ihren Ungunsten preisgeben.
Die VZS fordert daher umgehend die Behebung dieser Lücke sowie die Einführung von entsprechenden Strafen. Auch sollte angesichts des technischen Fortschritts überlegt werden, ob nicht allgemein die Toleranzwerte gesenkt statt angehoben werden sollten – und die Kontrollen sollten wieder ausschließlich den Eichämtern übertragen werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die VerbraucherInnen hier der Spekulation zum Opfer fallen.

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