Schneckenpost in Südtirol: die Zustellzeiten haben sich in 5 Jahren mehr als verdoppelt!

VZS: Dabei sind die Tarife um 57% gestiegen!


In diesen Wochen hat die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) eine Stichprobenerhebung der Postzustellzeiten durchgeführt. Dazu wurden an Südtirols Gemeinden sowie die Bürgerzentren in Bozen jeweils ein Erhebungsbrief geschickt, mit der Bitte, diesen im Ein- und Ausgang zu datieren und zurückzuschicken. Erhoben wurden die Zeiten, die ein Brief von Bozen und nach Bozen brauchte. Die letzte Erhebung dieser Art wurde 2014 durchgeführt; die mittlere Zustellzeit betrug damals 2,7 Tage, in leichter Zunahme im Vergleich zur Erhebung vorher, jedoch nichts im Vergleich zu den aktuellen Zahlen.

Die Zustände bei der Post sind alles andere als rosig – davon zeugen unzählige Medienberichte der letzten Wochen. Doch wie gravierend die Lage tatsächlich ist – und mit welchen Manövern sich die Post um die Qualitätsfaktoren herumdrückt – zeigt die Stichproben-Erhebung der VZS.


Zustellzeiten, erreichte Qualität und Portokosten

Jahr

Mittlere Zustellzeit in Werktagen (ohne Samstage und Feiertage)

% der Zustellung unter Einhaltung des Qualitätsziels ¹

Nr. der Zustellungen innerhalb des Qualitätsziels

Portokosten ²

2014

2,7

91%

195/214

0,70

2019

6,1

54%

131/244

1,10

Zunahme

126%

-41%

-

57%

1: Qualitätsziel 2014 für Normalpost: Einwurftag + 3 Arbeitstage; Qualitätsziel 2019: Einwurftag + 4 Arbeitstage
2: Normalbrief bis zu 20 gr
NB: 9 Sendungen waren bei Redaktionsschluss noch ausständig (am 4. April 2019 versandt)


Die Zustellzeit ist im 5-Jahreszeitraum von 2,7 Tagen auf mehr als 6 Tage gestiegen, hat sich also mehr als verdoppelt; wenn man berücksichtigt, dass wir hier von reinen Arbeitstagen ausgehen, ist ein Brief von Südtirol nach Südtirol also mehr als eine Woche unterwegs.
Besonders lange brauchen dabei die Briefe, die von den Bezirken Richtung Bozen verschickt werden; durch lange Zeiten fielen insbesondere Vinschgau und Burggrafenamt auf, mit Spitzen von 18 Arbeitstagen, die ein Brief nach Bozen brauchte. Doch auch in den anderen Bezirken sieht die Situation nicht wirklich besser aus: der Schnitt für Pustertal, Salten-Schlern und Überetsch-Unterland liegt zwischen 9 und 10 Tagen!


Welches sind die Zustellzeiten laut Qualitätszielen?

1. Qualitätsziel Posta 4: Zustellung innerhalb Aufgabetag plus 4 Arbeitstage für 90% der Sendungen
2. Qualitätsziel Posta 4: Zustellung innerhalb Aufgabetag plus 6 Arbeitstage für 98% der Sendungen

In unserer Stichprobe haben lediglich 131 von 244 Sendungen das 1. Qualitätsziel erreicht; das sind 54%, ein Wert weitab von den 90% welche die Post festgelegt hat. Was das zweite Qualitätsziel betrifft (welches ohnehin schon eher ein „Alibi“ als ein echter Qualitätsfaktor ist), lagen die Werte der Stichprobe noch weiter entfernt: statt der vorgesehenen 98% erreichten gerade mal 61% die Marke.

Zum Schaden der Spott: die absolute Verschlechterung bei den Lieferzeiten ging einher mit einer deutlichen Steigerung der Tarife. Zahlte man 2014 für einen Normalbrief noch 70 Cent, muss man 2019 hierfür stolze 1,10 € hinblättern. Gegenüber einer Preissteigerung von 57% haben sich die Zustellzeiten um 126% verschlechtert, und die Erreichung der Qualitätsziele hat um 41% abgenommen.

Klar scheint, dass sich die Post mehr als nur ein bisschen ins Zeug legen muss, um die Zustellzeiten wieder auf Vordermann zu bringen: dass Briefe innerhalb einer Provinz mehr als einen Monat unterwegs sind ist schlicht inakzeptabel und weit weg von sämtlichen europäischen Standards. Dabei hat die Zusammenlegung der Postsortierstellen den Dienst weiter verschlechtert: ein Brief, der von Meran nach Bozen geschickt wird, wird in Verona aussortiert und dann wieder nach Bozen geschickt. Effizienz geht anders.

„Das neue Zustellverfahren der Post sorgt bei den BürgerInnen und auch bei den Angestellten der Post für große Unzufriedenheit“ erklärt VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus. „Die Landesregierung sollte der Post für diesen Dienst, der soweit von europäischen Standards entfernt ist, keinen einzigen Euro geben. Dies wäre eine schlechte Verwendung der Steuergelder; eine Kostenbeteiligung durch das Land Südtirol wäre nur dann gerechtfertigt, wenn die erreichten Qualitätsstandards über den auf nationaler Ebene festgelegten lägen.“

 

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