Unlautere und aggressive Geschäftspraktiken

AGCM straft das auch in Südtirol tätige Energieunternehmen
Servizio Energetico Italiano

 

Die VZS: Strafmaß sollte in solchen Fällen bis zur Unterbrechung der Geschäftstätigkeit verschärft werden

 

Auch im letzten Jahr haben sich bei der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) zahlreiche Verbraucher:innen gemeldet, die per Telefon "betrügerische" Energie- und Gasverträgen abgeschlossen hatten.

Vor einigen Tagen wurde das in den Jahren 2022 und 2023 auch in Südtirol sehr aktive Energie- und Gasversorgungsunternehmen, Servizio Energetico Italiano SEI, von der Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt (AGCM) wegen unerwünschter Aktivierung von Strom- und Gaslieferungen sowie wegen Verstößen gegen die Vorschriften zum Schutz der Verbraucher:innen beim Abschluss von Fernabsatzverträgen gestraft. Die von der AGCM verhängte Geldstrafe beläuft sich auf 900.000 Euro.

In der Verfügung der Antitrust heißt es: "Das Unternehmen hat seit Juli 2022 ohne Unterschrift oder Zustimmung der Verbraucher:innen unerwünschte Lieferungen abgeschlossen sowie aktiviert und darüber hinaus die Zahlung von nicht geschludeten Gebühren verlangt, was [gegen das] Verbraucherschutzgesetz verstößt".

"Des weiteren hat der Servizio Energetico Italiano in einigen Fällen die Vertragsunterlagen nicht oder verspätet übermittelt und die Ausübung des Widerrufsrechts behindert, was gegen die Artikel 20, 24 und 25 des Verbraucherschutzgesetzes verstößt", so fährt die AGCM in ihrer Mitteilung fort.

Auf den 27 Seiten der Strafmaßnahme (hier der Link zur vollständige Verfügung: https://www.agcm.it/media/comunicati-stampa/2024/2/PS12557) ist unter anderem auch folgendes zu lesen: "Darüber hinaus erfolgte für einige Verbraucher:innen die unerwünschte Aktivierung der Lieferung seitens SEI nachdem bereits ähnliche unerwünschten Aktivierungen durch das Unternehmen Facile Energy erfolgt waren, dessen alleiniger Gesellschafter und alleinige Verwalterin mit denen von SEI übereinstimmen".

Auch das Unternehmen Facile Energy S.r.l. wurde Ende 2022 bestraft, mit mehr als 2 Mio. Euro, aufgrund von Verstößen die im Wesentlichen jenen von SEI entsprechen. Gegen dieselbe Facile Energy hatte die AGCM am 5. Dezember 2023 auch eine zweite Geldstrafe (in Höhe von 1.560.000 Euro) wegen Nichteinhaltung der ersten Strafmaßnahme verhängt.

Die Geschäftsführerin der VZS, Gunde Bauhofer, kommentiert: "Diese beiden Unternehmen, hinter denen anscheinend dieselben Personen stehen, haben auch bei vielen Südtiroler Verbraucher:innen, insbesondere deutschen Muttersprachler:innen, zugeschlagen. Die Anbieter bzw. die von ihnen beauftragten Telemarketing-Agenturen setzten dabei unter anderem wohl auf die Schwierigkeiten der Südtiroler:innen, komplexe Zusammenhänge in der Zweitsprache zu erfassen. In fast allen uns gemeldeten Fällen erfolgte der Vertragsabschluss ohne den Willen der Kund:innen, die deswegen eine umfangreiche Unterstützung durch unsere Berater:innen benötigten. Die verhängten Verwaltungsstrafen sind zwar wichtig, aber scheinen fast noch zu "milde" und sollten verschärft werden. Unter den geltenden Rechtsvorschriften fehlt ein wirksames Abschreckungsmittel gegen ein derartiges Verhalten von leider allzu vielen Akteuren am Energiemarkt: die Unterbrechung der Geschäftstätigkeit der abgestraften Lieferanten wäre z.B. eine guter Ansatz. Auch wenn wir es selbst leid sind, es zu wiederholen: wir raten auf alle Fälle davon ab, auf telefonische Geschäftsangebote einzugehen, ohne sich über die Bedingungen des Angebots im Klaren zu sein. Dies gilt insbesondere für die derzeitige heikle Situation auf dem Strom- und Gasmarkt.“

Die VZS weist auch darauf hin, dass es bei irreführendem und/oder unlauterem Verhalten von Energie- oder Gasanbietern - auch bei telefonischen Angeboten - immer wichtig ist, dieses Verhalten der VZS selbst (info@verbraucherzentrale.it) sowie der AGCM (www.agcm.it) und der Regulierungsbehörde für den Elektrizitätsmarkt, ARERA (www.arera.it), schriftlich zu melden.

 

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