Gibt es überhaupt gesunde und ungesunde Lebensmittel?

Es ist ein Dilemma. In den Augen vieler Menschen gelten Obst, Gemüse und Vollkornbrot zwar als „gesund“, schmeckten aber nicht, während leckere Lebensmittel wie Schokolade, Eis und Pommes frites gut schmeckten, aber „ungesund“ seien. Mit „gesunden“ Lebensmitteln verbinden viele Vorschriften und Verzicht, mit „ungesunden“ Produkten dagegen Freude und Genuss. Als „ungesund“ etikettierte Lebensmittel dienen häufig auch dazu, andere Menschen, die eigenen Kinder oder auch sich selbst zu belohnen – aber nachdem die Belohnung im Bauch gelandet ist, stellt sich bei vielen trotzdem das schlechte Gewissen ein. In der Fachsprache nennt man diesen Widerspruch Genuss-Gesundheitsparadoxon.

Dabei gilt die Einteilung einzelner Lebensmittel in die Kategorien „gesund“ und „ungesund“ heute weder als zeitgemäß noch als sinnvoll, und es gibt auch keine „verbotenen“ Lebensmittel. „Ernährung ist eine viel zu komplexe Angelegenheit, um sie auf einzelne Lebensmittel zu reduzieren“, betont Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Zudem kann der Beitrag eines einzelnen Lebensmittels zur Ernährung nie nur für sich allein betrachtet werden, sondern hängt immer von der gegessenen Menge und der Häufigkeit des Verzehrs ab.“ Erst die Kombination der Lebensmittel im richtigen Verhältnis mache eine ausgewogene Ernährung aus, so die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE. Und die Österreichische Gesellschaft für Ernährung ÖGE sieht die Menge, die Kombination und die Zubereitung von Lebensmitteln als entscheidend für eine ausgewogene Ernährung an. Süßigkeiten, salzige und fetthaltige Snacks stehen also nicht in Widerspruch zu einer gesundheitsfördernden Ernährung, wenn sie nur gelegentlich und in moderaten Mengen gegessen werden und die restliche Ernährung ausgewogen und vielfältig zusammengesetzt ist.

Für den einzelnen Esser oder die einzelne Esserin ist achtsames Essen, also das bewusste Genießen von Lebensmitteln mit allen Sinnen und die Wahrnehmung der eigenen Körpersignale (Hunger, Sättigung, Verdauungsprobleme…), hilfreicher als Gebote und Verbote, starre Regeln oder Pläne. Dann gelingt es auch, sich gelegentlich ein Stück oder eine Rippe Schokolade zu gönnen und diese in Ruhe, bewusst und mit Freude zu genießen.

 

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