Nebenjob mit tollen Verdienstmöglichkeiten?

Sind auch Sie schon einmal von einem Bekannten angesprochen worden, der Ihnen von der Möglichkeit erzählt hat, nebenberuflich mehrere Tausend Euro im Monat zu verdienen?
Vielleicht wurden Sie schon einmal zu einem Treffen eingeladen, in welchem Sie, dank spezieller Überzeugungstechniken (Videos, schöne Autos, Applaus usw.) überredet wurden, einen Mitgliedsantrag zu einer Organisation zu unterzeichnen, von der Sie kaum etwas wissen, die Ihnen aber hohe Verdienstmöglichkeiten mit einem "minimalen Aufwand" versprochen hat?
Haben Sie irgendwann einmal einer "Party" beigewohnt, bei welcher die verschiedensten Produkte vorgestellt und auch verkauft wurden?

Im letzten Fall handelt es sich um eine besondere Art des Direktverkaufs, um das Multilevel-Marketing (MLM), in den ersten zwei Fällen um ein Pyramidensystem, das seit 2005 gesetzlich verboten ist.

Was ist Multilevel-Marketing (MLM)?
Wenn ein Unternehmen Konsumgüter (z.B. Kosmetika, Haushaltsartikel, Bücher, usw.) produziert oder Dienstleistungen (Finanzdienstleistungen, Telefonverträge) anbietet und diese nicht nur direkt verkauft, sondern gleichzeitig immer wieder Personen anwirbt, die diese Güter als selbständige Mitarbeiter verkaufen, spricht man von MLM-Vertrieb.
Die Neueinsteiger werden angespornt, nicht nur zu verkaufen, sondern auch andere Verkäufer zu finden, da sie auch auf die Verkäufe der angeworbenen Verkäufer verdienen. Für das Informationsmaterial und die Produkte der Firma müssen die Neueinsteiger in der Regel dem System eine sogenannte "Einstiegsgebühr" zahlen. Die Mitarbeit kann regelmäßig oder auch nur gelegentlich sein, sie kann mehrere Jahre dauern und einen weitaus größeren Aufwand (für oft nur bescheidene Verdienste) für den Neueinsteiger bedeuten, als anfangs gedacht, oder auch nur von sehr kurzer Dauer sein, so dass sich die Anfangsinvestition nicht auszahlt.

Was ist ein Pyramidensystem?
Während beim MLM-Vertrieb die Mitarbeiter Produkte oder Dienstleistungen verkaufen, haben die Mitarbeiter von Pyramidensystemen die Aufgabe, Geld zu scheffeln - ohne unbedingt ein konkretes Produkt oder eine konkrete Dienstleistung anzubieten. Dies wird erreicht durch hohe Anfangsinvestitionen für Einstiegsgebühren oder völlig überteuerte Produkte oder Informationsmaterial. Jene, die das System ins Leben gerufen haben, werden dank der hohen Einstiegsgebühren meist sehr schnell reich, während die Neueinsteiger andere ins System locken müssen, um zumindest die anfänglichen Kosten wieder wettzumachen. Dieses System benötigt eine immer weiter steigende Anzahl von Mitgliedern, dem die Weltbevölkerungszahl jedoch Grenzen setzt, so dass Pyramidensysteme durchschnittlich nur 2 Jahre überleben und dann unzählige Geprellte mit Verlusten bis zu mehreren Tausend Euro zurücklassen.

Durch den Einsatz von ausgeklügelten Überzeugungstechniken und die Aussicht auf leichte Verdienstmöglichkeiten in der Höhe von mehreren Tausend Euro gelingt es diesen Schneeballsystemen, immer wieder neue Anhänger zu finden. Erschwerend kommt die Tatsache hinzu, dass es zumeist Freunde oder Verwandte sind, denen wir vertrauen, welche uns ein derartiges Angebot unterbreiten. Aus diesem Grund stimmen viele einem Vertrag zu, ohne überhaupt die Bedingungen zu kennen.

Verbot von Pyramiden- und Schneeballsystemen
Laut Art. 5 des Gesetzes Nr. 175/05 sind pyramidale Verkaufssysteme sowie Schneeballsysteme verboten. Sofern es sich um keine noch größere Straftat (z.B. Betrug) handelt, sieht der Art. 7 eine Gefängnisstrafe zwischen sechs und zwölf Monaten oder eine Geldstrafe von 100.000 bis 600.000 Euro für die Organisation, die Förderung und die Teilnahme an solchen Schneeballsystemen vor.
Zudem sind Pyramidensysteme gem. Art. 23, Absatz 1, Buchstabe p) des Verbraucherkodex als sogenannte unlautere Geschäftspraktiken einzustufen. Die italienische Wettbewerbsbehörde kann hohe Verwaltungsstrafen verhängen.

Bis 2005, als das Verbot des pyramidalen Verkaufssystems in Kraft trat, waren in Italien viele italienische und ausländische Gesellschaften, die mit einem Pyramidensystem arbeiteten, tätig. Zwar ist die Anzahl dieser Gesellschaften wesentlich zurückgegangen, dennoch ist äußerste Vorsicht geboten, vor allem in Anbetracht der (strafrechtlichen) Konsequenzen, die aus einer solchen Tätigkeit erwachsen können.
Vertrauen Sie also keinen Angeboten, an Pyramidensystemen teilzunehmen, da Sie vor dem Gesetz verantwortlich sind und die vorgesehenen Strafen tragen müssen.

Wie kann ich ein Pyramidensystem vom Multilevel-Marketing unterscheiden?
Anders als beim Multilevel-Marketing steht im Mittelpunkt eines Pyramidensystems nicht der Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung, sondern in erster Linie das Versprechen eines wirtschaftlichen Vorteils, falls neue Mitglieder angeworben werden.

Was es noch zu berücksichtigen gilt:

  • Verkäufer und Vermittler von MLM und Pyramidensystemen teilen ihren Mitarbeitern und potentiellen Neueinsteigern oft die gesetzlichen Pflichten, die sich im Rahmen dieser Verträge ergeben, nicht mit;
  • die Verdienstversprechen sind meist unrealistisch;
  • die Methoden, neue Einsteiger zu finden, sind meist aggressiv und undurchsichtig;
  • es gibt keine direkte Vergleichsmöglichkeit mit ähnlichen Produkten, weder qualitativ noch preislich;
  • der psychologische Druck beeinflusst oft die Entscheidung der Konsumenten: z.B. durch das Gefühl, dem Gastgeber gegenüber verpflichtet zu sein, etwas zu kaufen;
  • oft werden Freundschafts- oder Verwandtschaftsbeziehungen ausgenutzt; es wird unter Umständen aus diesen Gründen sogar auf das Rücktrittsrecht verzichtet;
  • die Ausbildung und das berufliche Know-How der Verkäufer ist oft unzufriedenstellend.


Dies hat besonders dann weitreichende Konsequenzen, wenn es um den Vertrieb von Produkten oder Dienstleistungen wie Lebensversicherungen oder Anlageprodukte geht. In solchen Fällen kann eine unzureichende Beratung seitens des Verkäufers für die Konsumenten schwerwiegende finanzielle Folgen haben.
Deshalb: Bei Geldanlagen sollten VerbraucherInnen sich ausschließlich an jene BeraterInnen wenden, die eine Genehmigung für das Ausüben dieser Tätigkeit besitzen und in dem dafür vorgesehenen Register eingetragen sind. Bei Finanzdienstleistungen finden Sie dieses Register auf der Homepage der Banca d'Italia (www.bancaditalia.it) und der italienischen Finanzaufsichtsbehörde CONSOB (www.consob.it), bei Versicherungsprodukten auf der Hompage der Aufsichtsbehörde für Versicherungen IVASS (www.ivass.it).


Rechte und Pflichten der Neueinsteiger beim Direktverkauf
Achtung: Wenn Sie sich entscheiden, bei einem Direktverkaufssystem mitzumachen, werden Sie vom Gesetz nicht mehr als Konsument gesehen, sondern als Verkäufer mit einer Reihe von Pflichten, auch steuerrechtlicher Natur.

1) Rücktrittsrecht
Laut Art. 4 des Gesetzes Nr. 173/2005 haben die für den Direktverkauf Verantwortlichen ein Rücktrittsrecht vom Vertrag (dieser muss schriftlich abgefasst werden) innerhalb von 10 Tagen ab Vertragsabschluss. Der Rücktritt erfolgt mittels Einschreiben mit Rückantwort an die Gesellschaft, wobei keine Begründung notwendig ist. Im Falle eines Rücktritts müssen Sie die Waren und das Informationsmaterial auf eigene Kosten zurückgeben. Die Gesellschaft ist dazu verpflichtet, Ihnen die gezahlten Beträge innerhalb von 30 Tagen zurückzuerstatten. Die Rückerstattung erfolgt unter der Bedingung der Unversehrtheit der Produkte.

2) Ermächtigung und Ausweis
Unabhängig davon, ob der Neueinsteiger direkt Produkte oder Dienstleistungen verkauft oder nur das Geschäft anbahnt, muss er (gem. GvD Nr. 114/98) im Besitz eines entsprechenden Ausweises sein. Bei Nichtbeachtung dieser gesetzlichen Vorschrift riskiert er eine Geldstrafe von 2.582,28 bis 15.493,71 Euro.

Für den Erhalt eines solchen Ausweises muss eine Eigenerklärung abgeben werden, in der bestätigt wird, dass der Antragsteller die vom Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Ausübung einer Handelstätigkeit besitzt (z.B. konkursfrei ist und kein strafrechtliches Vergehen gegenüber der öffentlichen Verwaltung begangen hat). Die Firma muss bei der zuständigen Behörde die Liste aller Beauftragten im Besitz eines entsprechenden Ausweises abgeben. Die für die Autonome Provinz Bozen zuständige Behörde ist die Marktpolizei jener Gemeinde, in der die Firma ihren Sitz hat, im übrigen Staatsgebiet ist es die Polizeibehörde jener Gemeinde, in der die Firma ihren Sitz hat.

Der Ausweis muss nummeriert sein, jährlich erneuert werden und laut Gesetz Folgendes beinhalten:

  • Personalien und Foto des Beauftragten;
  • Angabe des Gesellschaftssitzes und der Produkte;
  • Name und Unterschrift des rechtlichen Vertreters der Firma.

Der Ausweis muss bei Verkauf und Werbung (z.B. beim Vorlegen von Katalogen oder Prospekten) immer vorgezeigt werden.

3) Steuerpflicht
Sowohl bei gelegentlicher als auch bei ständiger Mitarbeit müssen die Vorschriften bezüglich der Steuern und Abgaben berücksichtigt werden.


Wir raten Ihnen, sich an einen Steuerberater zu wenden, um mögliche steuerrechtliche Probleme zu vermeiden!

Stand
01/2019

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