Spätestens im Juni stehen die Sommerlinden in voller Blüte. 2025 bietet die Gelegenheit, ganz bewusst auf die Lindenblüte zu achten, denn in diesem Jahr dürfen sich die Sommer- und die Winterlinde (Tilia platyphyllos und Tilia cordata) mit dem Titel der Heilpflanze des Jahres schmücken. Ausgewählt hat sie eine Jury des deutschen Naturheilvereins (NHV) Theophrastus, benannt nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, besser bekannt als Paracelsus.
Lindenblüten werden mitsamt ihren Stielen und den pergamentartigen Flugblättern getrocknet, der daraus zubereitete Lindenblütentee ist ein traditionelles Heilmittel bei Schnupfen, Husten und fieberhaften Erkältungen. Auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) beschreibt Lindenblüten als traditionelles pflanzliches Arzneimittel, das sowohl Husten und Erkältung als auch leichte Stresszustände lindert. Für eine Tasse Tee überbrüht man laut EMA 1,5 Gramm Lindenblüten mit 150 Milliliter kochend heißen Wassers. Zwei bis vier Tassen täglich werden bei einer Erkältung empfohlen.
„Bisher sind in Lindenblüten an die 60 verschiedene Inhaltsstoffe nachgewiesen, darunter Flavonoide, ätherische Öle sowie Schleim- und Gerbstoffe“, weiß Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol. „Vor allem die Schleimstoffe sind bei Hustenreiz wirksam.“ Neben der krampf- und schleimlösenden sowie beruhigenden und entspannenden Wirkung nennt der NHV Theophrastus auch leicht blutdrucksenkende, entzündungshemmende, harntreibende und blutreinigende Effekte – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die Wirkung der Linde weder prompt noch heftig, sondern immer sanft und behutsam eintrete. Neben den Blüten lassen sich die Blätter, unter anderem für Salate, verwenden. Überliefert sind zudem Anwendungen der Rinde, des Lindenholzes und der Lindenholzkohle bei Appetitlosigkeit, Darmentzündungen, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Ischias- und rheumatischen Beschwerden.
Außer als Heilpflanze ist die Linde als stattlicher Baum und traditioneller Dorfmittelpunkt bekannt und geschätzt. Die Sommerlinde kann 30, in Einzelfällen sogar bis zu 40 Meter hoch wachsen und einen Stammumfang von über neun Metern erreichen. Da aus ihren Stämmen und Wurzeln, ja sogar aus komplett gefällten Bäumen immer wieder neue Zweige austreiben, können Linden bis zu 1.000 Jahre alt werden. Schon seit jeher fühlen Menschen sich zu diesen Bäumen hingezogen, die trotz ihrer Wuchskraft und Größe Sanftheit und Behaglichkeit ausstrahlen. Bereits die Germanen hielten Volks- und Gerichtsversammlungen, die Things, unter Linden ab. Später wurden Linden in deutschen Dörfern sogar zu „Tanzlinden“ umfunktioniert, in deren Ästen mehrere Musiker und Tanzende auf einem Tanzboden Platz fanden.
Gerade in hektischen Zeiten sollten wir der Linde wieder mehr Aufmerksamkeit schenken – denn sie setze unserer Rastlosigkeit Ruhe entgegen und lasse uns freier atmen, so der Naturheilverein Theophrastus.