Verbrauchertelegramm Oktober 2008

Mitteilungsblatt der Verbraucherzentrale Südtirol Beilage zur Ausgabe Nr. 62


Die Papierversion des Verbrauchertelegramms wird allen Mitgliedern monatlich kostenlos per Post zugeschickt und steht im PDF-Format zum Download zur Verfügung. Die nachfolgenden Kurznachrichten sind ein Auszug aus der vollständigen Version.

 

Zahnärzte im Visier

Die Tariftransparenz-Aktion der VZS mit der Veröffentlichung von Richtpreisen läuft weiter. Immer wieder greift aber auch die Zahnärztekammer der Provinz Bozen ein, um Zahnärzte daran zu hindern, sich zu beteiligen. Dabei heißt es im „Bersani-Paket über die Liberalisierungen“: Alle Normen sind abgeschafft, die fixe oder Mindesttarife sowie Verbote oder Beschränkungen bezüglich der Werbemaßnahmen im Bereich der freien Berufe vorsahen. Die VZS fordert alle VerbraucherInnen auf, Kostenvoranschläge Südtiroler ZahnärztInnen der VZS zur Verfügung zu stellen, um auch in Zukunft und vermehrt Vergleiche zu ermöglichen und damit den gesunden Wettbewerb zu fördern. Unter diesem Link gibt es zu dem Zweck einen Vordruck im PDF-Format, die Papierversion kann in der Verbraucherzentrale abgeholt werden.

 

Sanieren wird teuer

Der Staat streicht Kumulierbarkeit von Förderungen. Ab 2009 können Landesförderungen nicht mehr mit Steuerbegünstigungen zusammengelegt werden: Das neue italienische Energiespargesetz (Legislativdekret 115/30.05.2008) betrifft und beschneidet BürgerInnen, die Sanierungsarbeiten am Gebäude vornehmen wollen, z.B. eine Wärmedämmung anbringen u.ä.. Ab Jänner muss man sich für die eine oder die andere Förderung entscheiden.

 

Stau-Schadenersatz

Nicht angezeigte Staus auf der Autobahn sind nicht rechtens. So das Urteil eines Friedensrichters in Bozen im vergangenen Jahr. Damals wurde die Autobahngesellschaft zu einer Schadenersatz-Zahlung verdonnert, weil sie es versäumt hatte, an der Autobahneinfahrt auf einen Stau hinzuweisen. Der Verbraucher hat aber Anrecht auf korrekte, vollständige und rechtzeitige Informationen vor Inanspruchnahme einer Dienstleistung. Kann er das Gegenteil dokumentieren, sind die Aussichten auf Schadenersatz rosig.
Muster des Beanstandungsbriefes

 

Geldvernichtungsmaschine Investmentfonds

Die Vergleichsstudien lassen keinen Zweifel: Im Vergleich zu selbstverwalteten Vermögensanlagen bieten die fremdverwalteten, also Investmentfonds, ein hohes Risiko und nur äußerst schwache Renditen. Diese lagen in den letzten zehn Jahren deutlich unter jenen der BOT, der anderen Staatspapiere und auch der Postschatzscheine, mit z.T. sogar realen Verlusten von über 15%. Hohe Verwaltungskosten, extrem hohe Kapitalverluste und die SparerInnenflucht - einige der Gründe, warum man von diesen Investmentformen absehen sollte. Tipp: Leitfaden „Verantwortlich anlegen“ lesen. Er ist in allen Beratungsstellen der VZS kostenlos zu haben.

 

Kondominiumfibel online

Seit wenigen Wochen können sich die MiteigentümerInnen in Mehrfamilienhäusern - besser bekannt als Kondominien - besser über ihre Rechte und Pflichten informieren, in einem neuen Ratgeber der VZS, der im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Kabinettsangelegenheiten entstanden ist.
Welche Aufgaben hat der Verwalter? Welche Mehrheit braucht es, um den nachträglichen Einbau eines Aufzugs beschließen zu können? Kann ich mich einfach von der zentralen Heizanlage abtrennen und autonom heizen? Wann können Streitfälle in Kondominiumsangelegenheiten von der neu eingerichteten Schlichtungsstelle – die erste in Italien - geschlichtet werden? Auf diese und ähnliche Fragen finden Ratsuchende Antwort. Und Vorlagen und Musterbriefe werden gleich mitgeliefert.
Die Kondominiumfibel ist unter www.verbraucherzentrale.it/17v26253d41155.html abrufbar.

 

Grüne Elektronik

Greenpeace hat im Sommer die neue Rangliste für „Grüne Elektronik“ veröffentlicht. Diese bewertet Elektro-Firmen auf der Grundlage ihres Umgangs mit Chemikalien und Elektroschrott. 2% der weltweiten Treibhausemissionen gehen auf das Konto der Informations-und Kommunikationstechnologie. Die meisten Firmen richten ihren Blick nur auf den Energieverbrauch ihrer Geräte – Handys, Computer, Spielekonsolen – und nicht auf den gesamten Prozess, von der Herstellung bis zum Recycling. Das Schlusslicht in der Rangliste bilden die Spielekonsolenhersteller Nintendo und Microsoft, die besten Noten erhalten Sony und Sony Ericsson, allerdings auch nur knapp über 5 der möglichen 10 Punkte (siehe www.greenpeace.at)

 

Adé lästige Telefonanrufe

Die italienische Aufsichtsbehörde für den Datenschutz geht endlich gegen illegal angelegte Datenbanken vor: Seit Jahren ist vom Gesetzgeber anerkannt, dass der Schutz der Privatsphäre es Unternehmen verbietet, Verbraucher ungewollt zu Werbezwecken anzurufen. Bisher ist aber wenig dagegen geschehen. Jetzt wurden eine Reihe von Unternehmen abgemahnt, darunter Wind, Tele2, Fastweb, Tiscali und Sky. Damit ist ein wichtiger Schritt fürs Abstellen der Belästigungen durch unaufgeforderte Anrufe getan. Aber aufgepasst: Das Aus ist nur gewährleistet, wenn VerbraucherInnen nicht leichtfertig ihre Zustimmung zu Werbeanrufen bei verschiedenen Vertragsabschlüssen geben.

 

Preisvergleich Schulartikel

Fünf Verkaufsstellen in Bozen im VZS-Vergleich – Ammon, Athesia, Stefani, Interspar und Iperfamila. Die Papierhandlung Stefani war bei den angepeilten Schulartikeln die günstigste Verkaufsstelle. Und Überraschung: Die großen Supermärkte schnitten über Erwarten schlecht ab. Außerdem insgesamt wenig bis keine umweltschonende Produkte, sprich Recyclingpapier. Inflation: Für die letzten sechs Jahre wurde eine durchschnittliche Teuerung von 3,25% jährlich errechnet. Das ist im Vergleich zu anderen Sektoren kein hoher Wert, dennoch liegt er über der offiziellen Teuerungsrate.

 

Rekurse gegen Zusatzsteuern auf Landesdarlehen

Die jüngste Folge einer unendlichen Geschichte: jener der Zahlungsaufforderungen, welche die Agentur der Einnahmen vor drei Jahren an jene verschickt hatte, die vom Land ein zinsloses Darlehen erhalten hatten, und auf welche die Zusatzsteuern gefordert wurden. Jene 50 VerbraucherInnen, die gegen diese Zahlungsaufforderungen Rekurs eingereicht hatten, erhielten in erster Instanz bereits Recht und nun auch im Berufungsverfahren. Sollte die Agentur für Einnahmen nun das Urteil vor den Kassationsgerichtshof bringen, fordert die VZS das Land auf, ihren Standpunkt (jener der Betroffenen) auch in höchstrichterlicher Instanz zu verteidigen, um den rekurrierenden BürgerInnen weitere Verteidigungskosten zu ersparen.

 

Schulfruchtprogramm europaweit

Den Obst- und Gemüseverzehr von Kindern steigern will ein Programm der EU ab dem Schuljahr 2009/10. Den SchülerInnen soll regelmäßig ein Stück Obst oder Gemüse während des Schultags angeboten werden. Mitgliedsländer, die dieses Programm übernehmen, erhalten mindestens 50% der anfallenden Kosten von der EU.

 

Der Buchtipp

Kleins letzte Kopfgeburt

Die kanadische „No Logo“-Verfechterin und Globalisierungsgegnerin spaltet erneut die Geister, denn sie analysiert in ihrem jüngsten Buch den Katastrophenkapitalismus, wie sie ihn nennt. Die Ideologie des Freien Marktes hat in der Geschichte des 20. Jahrhunderts immer wieder Blüten getrieben, und diese beschreibt sie mit prägnanten Beispielen der letzten 30 Jahre aus Ost und West.
Zuerst Schock durch Krieg, Gewalt oder Katastrophe, dann der Wiederaufbau – die übliche Strategie. Ob New Orleans nach "Katrina" oder in Sri Lanka nach dem Tsunami: Während die Menschen noch von der Katastrophe gelähmt sind, werden sie einer “ökonomischen Schock-Behandlung” nach neoliberalen Vorstellungen unterzogen. Wild-West-Kapitalismus im Klartext. Naomi Klein zeigt auf, wie die Mechanismen der ungezügelten Marktwirtschaft von Lateinamerika über Osteuropa und Russland bis nach Südafrika und in den Irak durchgesetzt werden.
Auf Kleins Webseite ist ein englischsprachiger Kurzfilm dazu abrufbar - www.naomiklein.org/shock-doctrine

Naomi Klein
Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus.
Fischer: Frankfurt a.M., 2007
ISBN 3-10-039611-1

 

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